Arakawa

Ich wollte die Kunst verändern, das Leben verändern – ich wurde zu einem Radikalen. 
—Arakawa

BASEL, 15. November 2021—Gagosian präsentiert Waiting Voices, eine Ausstellung mit Arbeiten von Arakawa auf Leinwand und Papier, die von 1964 bis 1984 entstanden sind. Es ist die erste Ausstellung dieses Künstlers in der Basler Galerie.

Arakawa (1936–2010) war einer der frühsten internationalen Pioniere der Konzeptkunst und Gründungmitglied des japanischen Avantgarde-Kollektivs Neo Dada. Sein Werk umfasst Malerei, Zeichnung, Grafik und Architektur. Er bezeichnete sich als «ewigen Aussenseiter» und «Abstraktionskünstler der fernen Zukunft». Nach seiner Übersiedlung von Tokio nach New York im Jahr 1961, wo er Marcel Duchamp und viele Zeitgenossen des französischen Künstlers kennenlernte, begann er, so genannte Diagramme zu schaffen, bei denen er zur Erkundung der Epistemologie und Wahrnehmung schematische Bilder mit Text kombinierte. 1962 lernte Arakawa die Dichterin, Schriftstellerin und Philosophin Madeline Gins kennen, seine spätere Frau und Mitarbeiterin. Von 1963 bis 1973 arbeitete das Paar gemeinsam an einer 80 Bilder umfassenden Werkreihe unter dem Titel The Mechanism of Meaning und in den 1990er-Jahren entwarf es eine Theorie der «prozeduralen Architektur», die die Lebenszeit der Bewohnerinnen und Bewohner verlängern sollte.

Die Ausstellung Waiting Voices umfasst Gemälde und Zeichnungen, die Arakawa über einen Zeitraum von zwanzig Jahren geschaffen hat. Von Mitte der 1960er-Jahre stammen die Bilder A Diagram of Imagination (1965), Separated Continuums (1966) und A Couple (1966–67). Wie andere Werke aus jener Zeit stellen sie den Architekturraum dar. Im frühesten dieser drei Werke ist ein Ausschnitt eines einfachen Stadtplans zu sehen, der über einen Raster zu liegen kommt. Bei den anderen steht der Innenraum im Mittelpunkt. In Separated Continuums sind die Koordinaten eines Rasters, der abgesehen von zwei farbigen Linien keine weiteren Gestaltungselemente aufweist, mit den Bezeichnungen von Alltagsgegenständen und Armaturen markiert. A Couple ist fast ebenso schematisch gehalten, doch ergänzte Arakawa die grafischen Elemente durch Fenster und Wörter- und Zahlenschablonen, die Elemente im Raum bezeichnen. Das zweiteilige Format lässt auf eine fortschreitende Erzählung schliessen, so dass sich die Betrachterinnen und Betrachter das nicht dargestellte, im Bildtitel genannte Duo vorstellen können.

In Untitled (Voice Inoculations) (1964–65) ist ein diagrammatischer Kubus mit Wörtern versehen –wobei einige davon rückwärts buchstabiert sind, was Rätsel der Orientierung, des Massstabs und sonstiger Eigenschaften von Gegenständen aufgibt. Hard or Soft No. 3 (1969) enthält ebenfalls Text. Hier informiert er mit dem Arakawas ganz eigenen trockenen Humor, dass die sich über das Bild hinziehenden Pfeile «auf fast nichts hinweisen» und die abgebildeten Zahlen beliebig umgeordnet werden können. Im zweiteiligen Bild Waiting Voices (1976–77) werden Gefüge von geometrischen Formen zusammengebracht – was an die «Verehrer» in Duchamps La mariée mise à nu par ses célibataires, même (Le Grand Verre) (1915–23) erinnert – und mit abstrusen Randnotizen versehen.

Ausgestellt werden zudem mehrere Bilder auf Papier, einschliesslich Study for “Blank” No. 2 (1981) und Study for the “Sharing of Nameless” No. 3 (1983–84), auf denen sich Geflechte, die wie Pläne aussehen, über Wörter, Pfeile und im zweiten Beispiel einen in bunten Tönen gehaltenen Raster spannen. Durch das Zusammentreffen von codierter Bedeutung und den Untiefen der Vieldeutigkeit schlagen sie Brücken zu Arakawas Vorstellungswelt und schaffen Kunst, die sich erst im Geist und Körper der Betrachtenden voll entfaltet.